#Herzensbande #Kindergarten #kitafrei #beziehungsorientiert #Eingewöhnung
Fotografie: Kaboompics / Karolina / pexels |
Vor
einem Jahr haben wir uns entschieden unsere Krippenplatz für das Herzmädchen zu
kündigen. Das war keine einfache Entscheidung ohne Alternative, anderen Platz
oder neuen Plan kurzfristig zu kündigen. Wären wir aber geblieben, hätten wir
uns stark verändern, den Bedingungen und Einstellungen der Kita anpassen müssen
und wären nicht mehr die Eltern gewesen, die wir für unser Kind sein wollten.
An
einem Freitag vor einem Jahr wurden diese zwei Möglichkeiten (Anpassen oder
Gehen) sehr deutlich und die Stimmung, die Erziehungseinstellung dort, der
Umgang mit uns immer unerträglicher. Wir entschieden uns und das ziemlich
schnell: so wollten wir nicht leben und in so einem Umfeld wollten wir auch
nicht unsere knapp 2,5 Jahre alte Tochter jeden Tag mehrere Stunden lassen.
In
einem Blogartikel habe ich den Prozess und
unsere Entscheidung damals niedergeschrieben und das tat ziemlich gut. Denn
natürlich haben wir nicht überall Verständnis und Unterstützung für unsere
Entscheidung geerntet. Häufige Argumente wie, dass Kinder sich einordnen lernen
müssen, um in der Schule und dem späteren Leben zu bestehen, dass Kindergruppen
anders funktionieren, dass unsere Tochter es wahrscheinlich eh zu gut hat, dass
wir unrealistische Erwartungen haben usw. wurden uns direkt oder indirekt
mitgeteilt. Irgendwann wollte ich schon gar nicht mehr drüber sprechen und mich
auch nicht ständig rechtfertigen müssen. Ich wusste, dass unsere Entscheidung
richtig war, aber leider auch sehr schwierig in wenigen Worten nachvollziehbar
zu beschreiben. Denn respekt- und liebloser Umgang mit Kindern und auch
gegenüber den Eltern passiert hauptsächlich auf non-verbaler Ebene und hinterlässt
einen schalen Nachgeschmack, das etwas nicht stimmt. Ich versuchte mich dann
auf diejenigen zu konzentrieren, die uns absolut unterstützten - das tat gut J
Zum
Glück konnten wir die Kündigung recht schnell über die Bühne bringen und dann
kamen Weihnachten, die Feiertage und wir konnten alle drei das Erlebte setzen
lassen und durchatmen.
Natürlich
war es eine organisatorische Herausforderung. Plötzlich war das Herzmädchen wieder
den ganzen Tag bei uns und meine Arbeit am Blog, meine Selbstständigkeit, die
Fortbildung, meine neu begonnene Arbeit in der Reha wollte ich gern
weiterlaufen lassen bzw. musste auch weiterlaufen. Wir mussten uns neu
organisieren und in alles hereinteilen, wobei ich den Löwenanteil der Zeit das
Herzmädchen und die Arbeit im Doppelpack erledigte - außer in der Reha, der
Fortbildung oder zu Beratungen nahm ich sie überall hin mit. Zum Glück hatte
ich Hilfe von meiner Schwiegermutter, meinem Vati, später einer wunderbar
liebevollen Babysitterin (alle kamen einmal die Woche für 2-3 Stunden) und wir
gingen wieder regelmäßig in den Rockzipfel Dresden.
Warum
haben wir keine neue Kita gesucht? Warum habe ich sie nicht an manchen Tagen
komplett bei Oma gelassen? Tja, die negativen Erfahrungen in der Kita waren
nicht nur temporär, sondern zogen auch einige Nachwehen nach sich. Das
Herzmädchen ließ sich an niemanden mehr abgeben, das Vertrauen war verspielt.
Sie blieb nur bei Papa oder mir und ging nicht mal mit Oma oder Opa auf den
Spielplatz in den Hof – ich musste immer mit. Dafür besorgte ich mir sogar
einen neuen Laptop mit Akku, damit ich wirklich überall arbeiten konnte (auf
dem Spielplatz, überall im Rockzipfel, in Kindercafés…). Ein halbes Jahr wich
sie uns nicht von der Seite und auch andere „kleinere“ Alltagsdinge gingen
nicht mehr.
Das
beste Beispiel dafür war Händewaschen. Sie hatte es immer geliebt am
Waschbecken zu stehen und zu planschen. Jetzt ging absolut kein Weg rein, dass
sie sich die Hände wusch (anscheinend war sie mehrfach dazu gezwungen wurden).
Natürlich wollten auch wir gerne, dass sie sich die Hände wäscht, wollten aber
auch nicht selbst Zwang anwenden. Wir begannen mit Waschlappen, Küchentüchern,
Desinfektionsspray etc. kreativzu werden und schafften es das einige Monate
auszuhalten. Wie oft ich in dieser Zeit immer wieder von Zweifeln geplagt
wurde! Ich dachte, dass muss doch einfach klappen, sie muss doch auch mal ohne
uns auskommen können, sich die Hände waschen... Zum Glück bin ich ein sehr
geduldiger Mensch und ich konnte unser Vertrauen in sie hoch halten.
Und
siehe da: es bewährte sich! Im Sommer ließ sie ihre Erfahrungen Geschichte
immer mehr hinter sich, begann wieder selbstständiger zu werden und wusch sich
auch wieder die Hände. Ich war SEHR froh, dass wir es geschafft hatten zu
vertrauen und allem Zeit zu geben!!
Innerhalb
weniger Wochen ging sie problemlos mit Oma, Opa, Babysitterin auf den
Spielplatz, hatte Spaß und kehrte fröhlich wieder heim. Auch ihr Vertrauen war
wieder komplett zurück und sie bereit für den nächsten Entwicklungsschritt.
Lange
wussten wir nicht, ob wir komplett kitafrei bleiben werden oder wollen und
waren im Vertrauen in Fremdbetreuung total erschüttert. Besonders auch mein Mann
konnte sich nicht recht vorstellen, dass wir etwas finden, das wirklich gut ist
und wo wir unser Mädchen mit guten Gewissen abgeben wollen. Ich machte erstmal
keine Pläne, konnte mir aber kitafrei bis zur Schule nicht so recht vorstellen.
Ich habe aber auch selbst viele schöne Erinnerungen an den Kindergarten und an
die Freundschaften da (obwohl ich auch erst eine schlechte Erfahrung gemacht
habe und meine Eltern nach der Wende dann flugs für mich die Kita wechselten J ). Außerdem konnte ich mir mit einem weiterem Kind (und jetzt mit
Zwillingen im Anmarsch bin ich darüber doppelt froh) ein kitafreies Leben nicht
vorstellen, dass fühlte sich für mich überlastend an, besonders da ich gerne
arbeite und das auch weiter machen wollte.
Zu
dieser Zeit wiederholte eine enge Freundin ihre bis dahin schon mehrfach
ausgesprochene Empfehlung für den Kindergarten ihrer Tochter. Da sie und ihr
Mann „erziehungsmäßig“ so wie wir eingestellt sind, traute ich mich dann Anfang
des Sommers dort Kontakt aufzunehmen. Ich fuhr an einem sonnigen Nachmittag mit
dem Herzmädchen hin und wir verbrachten einen entspannten Nachmittag (vor allem
draußen) dort im Kindergarten. Sie spielte und ich unterhielt mich mit der
Leiterin. Schon die Tatsache, dass wir so lange einfach da sein durften, war
mir sehr sympatisch. In der anderen Kita wurden die Eltern irgendwie möglichst
schnell vor den Zaun befördert. Außerdem stellte ich viele Fragen aufgrund
unserer bisheriger Erfahrungen und die Leiterin schaute mich immer an als würde
ich von einem anderen Planeten kommen und frug, was ich denn für skurrile Fragen
stellen würde (z.B. ob es in Ordnung ist, wenn ich mein Kind mittags abhole –
natürlich!). Ich erklärte ihr unsere Vorgeschichte nochmal genauer und sie
meinte nur; „Jetzt verstehe ich, was sie meinen.“
Ich
war so froh und fühlte mich verstanden. Nebenbei hatte ich auch viel
Möglichkeiten die anderen Erzieherinnen mit den Kindern zu beobachten. Wollte
ein Kind beispielsweise keine Jacke anziehen, weil ihm seiner Aussage nach warm
war, wurde das akzeptiert – wie toll! Die Leiterin war auch die erste
Erzieherin, welche in dem eigenen Willen und der Stärke unserer Tochter was
tolles sah und sagte, dass sie sehr gut in den Kindergarten passen würde. Ich
hätte sie knutschen können!
Denn
das war mein größter Kritikpunkt an der alten Kita: die Kinder waren nicht ok
so, wie sie waren. Unser Mädchen war zu eigenwillig, hörte nicht, brauchte
Erklärungen und tantze angeblich als einzige aus der Reihe. Ja, wir haben sie
nicht „gleichgeschaltet“, aber wir und auch andere hatten im respektvollen
Umgang mit ihr kaum Probleme mit ihr zu kooperieren – außerdem sie war damals 2
bis 2,5 Jahre!
Die
Entscheidung es dort neu zu probieren fiel schnell und wir meldeten sie, für
den Fall, dass irgendwie ein Platz frei werden würde, an. Und unser unsägliches
Glück war es, dass das bereits nach einem Monat der Fall war! Ein Familie zog
ins Ausland und wir konnten den Platz bekommen J
Ende
August begann die Eingewöhnung, die diesmal Papa machte (ich wollte gern, dass
nichts an die alte Eingewöhnung erinnerte und schwanger mit Hyperemesis war ich auch froh über ein bisschen
Auszeit). Die Tatsache, dass die Tochter unserer Freunde dort war und unser
Mädchen wieder bereit war loszulassen harmonierten perfekt und sie hatte eine
geniale Eingewöhnung. Ganz schnell ließ sie Papa irgendwo sitzen, nahm den
ganzen Kindergarten (offenes Konzept) im Spiel ein und baute dabei eine
wunderbare Bindung zu ihrer Bezugserzieherin auf. Es gab eine Woche als die Trennung
auch vom Papa bewusst ausging, wo es etwas schwieriger wurde und ein Morgen
waren wir etwas besorgt, ob es klappt. Aber es klappte, nach 5 Minuten spielte
sie und fühlte sich auch ohne Papa wohl.
Nun
haben wir Dezember und seit Ende November schläft unser Herzmädchen auch
mittags mit im Kindergarten. Bieten wir ihr zur Zeit an sie mittags abzuholen,
sagt sie nein und will total gern mitschlafen und vespern. Sie freut sich
morgens, geht gern hin, hat noch andere Freunde gefunden und liebt ihre beiden
Gruppenerzieherinnen (die wirklich ein Schatz sind) total.
Dass
es so bilderbuchmäßig laufen würde, hätte ich nicht gedacht, aber ich freue
mich wirklich JEDEN Tag, dass sie sich so wohl, so angenommen und so sicher
dort im Kindergarten fühlt. Mein Mann und ich sind glücklich über den Verlauf
und auch dass wir den Mut hatten diese untypische Entscheidung ohne neuen
Kitaplatz zu treffen. Vor einem Jahr war so viel Unsicherheit darüber da, wie
es weiter gehen würde und nun können wir darauf zurückblicken und dankbar sein,
dass sich alles so wunderbar gefügt hat.
Wie
sind eure Erfahrungen mit Eingewöhnung und Kita? Musstet ihr vielleicht auch
schon mal eure „Erziehungsflagge“ hochhalten oder gar die Einrichtung wechseln?
Eure
Anne
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