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10 Fragen an Nora Imlau
Liebe Nora,
ich danke dir von Herzen für deine Bereitschaft meine Fragen
zu beantworten und damit das letzte Türchen meines ADVENTS-Kalenders mit Leben
zu füllen. Als Journalistin, Autorin für Familienthemen, Mutter von mittlerweile
drei Kindern und begeisterte Vertreterin von bedürfnisorientierter „Erziehung“ freue
ich mich sehr auf deine Antworten.
Wir haben inzwischen den 4. Advent und somit sind wir mitten
im Hoch der Weihnachtsvorbereitungen. Was ist für dich das Schönste an der
Weihnachtszeit?
Die so genannten Adventsstündchen, eine Familientradition, die ich von meiner
Mutter übernommen habe und diese von ihrer Mutter. Jeden Nachmittag im Advent
setze ich mich mit allen drei Kindern um unseren Tisch, wir zünden den Adventskranz
an, singen ein paar Weihnachtslieder, knuspern Plätzchen und trinken Tee oder
Kinderpunsch. Je nach Tagesprogramm dauert dieses gemeinsame Innehalten mal nur
wenige Minuten, mal tatsächlich eine ganze Stunde – aber es ist immer schön und
wertvoll für mich und unsere Kinder.
Und was ist das Schönste für deine Kinder?
Meine Kinder lieben am meisten ihren Adventskalender. Den packt bei uns jedes
Jahr die Omi, und er rankt sich in Form von 72 kleinen liebevoll gefüllten
Säckchen unser ganzes Treppengeländer hoch. Ich bin total dankbar, dass meine
Schwiegermutter sich darum stets so liebevoll kümmert – so kommen meine Kinder
in den Genuss eines Kalenders wie im Bilderbuch, und ich habe damit keinen
Stress.
Nach den Feiertagen steht bald das nächste fest an:
Silvester. Wie feierst du am liebsten – im kleinen oder großen Kreis?
Das kommt immer auf unsere Familiensituation an: Als unsere
Töchter klein waren haben wir oft einfach mit einer befreundeten Familie
gemeinsam ganz ruhig und eben kleinkindkompatibel gefeiert, mit einem
„Baby-Feuerwerk“ mit Knallerbsen und Wunderkerzen schon gegen 18 Uhr. In den
vergangenen Jahren haben mein Mann und ich es aber auch genossen, unsere
mittlerweile größeren Kinder den Silvesterabend mit ihren Großeltern verbringen
zu lassen und selbst mal wieder auf eine richtige Party zu gehen und mit alten
Freunden bis tief in die Nacht zu feiern.
In diesem Jahr werden wir aber wieder im kleinen Kreis feiern, bei uns zuhause
und mit unseren Nachbarn und deren Kindern – schließlich ist unser jüngstes
Baby erst ein halbes Jahr alt ...
Hast du schon neue Vorhaben, die auf dich im neuen Jahr warten
und wenn ja, welche?
Nachdem ich nach der Geburt meines Sohnes zunächst mit dem Schreiben ganz
pausiert habe, werde ich im neuen Jahr nach und nach wieder mit dem
journalistischen Arbeiten anfangen. Themenideen habe ich viele – nur die Zeit,
sie alle umzusetzen, ist gerade Mangelware. Dabei erlebe ich eine gewisse
innere Zerrissenheit, die vermutlich viele Mütter kennen: einerseits würde ich
gerne mehr Zeit zum Arbeiten haben, andererseits will ich nicht auf die
kostbare Zeit mit meinen Kindern verzichten. Also versuche ich irgendwie,
beides unter einen Hut zu kriegen, und schreibe vor allem, wenn meine Kinder
unterwegs sind und das Baby schläft ...
Über welches Thema/Themenkomplex würdest du gern mal
schreiben?
Oh, mir brennen noch so viele Themen auf der Seele. Aktuell steht bei mir etwa das Thema
Geschwisterbeziehungen ganz hoch im Kurs, wie Eltern diese so unterstützen und
begleiten können, dass die Bedürfnissen und Grenzen aller Kinder gewahrt
bleiben. Aber auch das Thema selbstbestimmte Schwangerschaft und Geburt ist für
mich gerade wieder sehr präsent. Und irgendwann möchte ich unbedingt noch ein
Buch zu dem Thema schreiben, wie sich Feminismus und bedürfnisorientierte
Elternschaft unter einen Hut bringen lassen – das ist so eine Art Lebensthema
für mich.
Wenn du auf 2016 zurückblickst ist die Geburt eures dritten
Kindes Jakob sicherlich eins der größten Ereignisse neben deinen drei
Buchveröffentlichungen (Schlaf gut, Baby!, Das Geburtsbuch, Mein kompetentes
Baby). Was hat sich verändert seid ihr nun drei Kinder habt?
Die tollste Veränderung waren erstmal die vier Monate gemeinsamer Elternzeit,
die mein Mann und ich unmittelbar nach Jakobs Geburt genommen haben. So viel Zeit alle zusammen hatten wir noch
nie! Ein ganzer Sommer nur für uns fünf – das war wirklich ein Traum. Der
Übergang in einen ganz normalen Familienalltag, in dem auch Schule und Arbeit
wieder ihren Platz haben, war dementsprechend für uns alle gar nicht so leicht.
Die größte Veränderung, die ich heute spüre, ist das große Altersspektrum meiner
Kinder, dem ich als Mutter nun gerecht werden muss: da ist meine älteste
Tochter, die schon fast an der Schwelle zur Pubertät steht, meine Mittlere, die
mitten in der Zahnlückenpubertät steckt und manchmal ganz schön mit sich und
der Welt zu kämpfen hat, und dann mein Baby, das sich gerade erst einfindet auf
der Welt und dabei ganz viel Nähe und Geborgenheit braucht. All diese
unterschiedlichen Entwicklungsstufen gleichzeitig im Blick zu behalten und
dabei jedes Kind in seinen individuellen Bedürfnissen zu sehen und zu begleiten
– das ist für mich momentan die größte Herausforderung, aber auch die größte
Freude.
Hat sich die Art des bedürfnisorientierten Umgangs in eurer
Familie dadurch verändert/ verändern müssen?
An unserem Familien-Grundsatz, dass wir eine gesunde Balance
der Bedürfnisse anstreben, hat sich durch die Geburt unseres Babys nichts
geändert. Auch als Eltern von drei Kindern bemühen mein Mann und ich uns jeden
Tag darum, die Bedürfnisse aller im Blick zu behalten und nach Wegen zu suchen,
sie unter einen Hut zu bekommen. Konkret bedeutet das beispielsweise, dass wir
momentan fast jeden Abend beide fast zwei Stunden mit Waschen, Zähneputzen,
Vorlesen, Singen und Kuscheln beschäftigt sind, bis alle drei Kinder schlafen –
denn seit der Geburt ihres Geschwisterchens ist auch für unsere älteren Mädchen
Einschlafbegleitung gerade wieder ein großes Bedürfnis, und dem versuchen wir
zu entsprechen. Gleichzeitig ist es natürlich so, dass die Bedürfnisse unseres
Babys manchmal auch unseren älteren Kindern gewisse Zumutungen abverlangen, die
es so vorher nicht gab: ob wir am Wochenende zusammen ins Schwimmbad gehen oder
Weihnachtssterne basteln können, hängt immer auch davon ab wie es dem kleinen
Bruder gerade geht. Klar sorgt das auch mal für Frust, ich habe jedoch den
Eindruck, dass unsere Kinder ganz gut verinnerlicht haben, dass Babys ihre
Bedürfnisse weniger zurückstellen können als große Kinder oder Erwachsene.
Deshalb sind sie meist sehr verständnisvoll, wenn ich ihnen erkläre, dass wir
mit irgendetwas warten müssen bis der Kleine getrunken hat oder schläft: „Klar,
der Jakob kann ja noch nicht warten – der ist ja noch ein Baby!“
Zwei kurze Blicke in die Vergangenheit, die dich bis heute
prägen:
Was war dein erster Berührungspunkt mit Attachement Parenting?
Dem Begriff begegnete ich zum ersten Mal während meines Studiums in Vancouver,
Kanada, als ich mich als kinderlose Babysitterin schlau machte, wie man kleine
Kinder eigentlich so ins Bett bringt. Bei diesen Recherchen stieß ich auf zwei
ganz gegensätzliche Ansätze: die meisten Erziehungsexperten schrieben, Babys
müssten auf jeden Fall alleine schlafen lernen, auch wenn man sie dafür
schreien lassen müsse. Doch dann gab es auch noch Autoren, die mir damals schon
wie Freiheitskämpfer vorkamen, denn sie warben mit Vehemenz dafür, Babys eben
NICHT schreien zu lassen, sondern ihnen auch und gerade beim Thema Schlafen ihr
angeborenes Grundbedürfnis nach Nähe und Geborgenheit zu erfüllen. Das waren
natürlich die „Attachment Parenting“-Vertreter, und ich fand sie gleich ganz
toll – weil sie meinem Herz eine Stimme gaben. Es hatte sich immer falsch
angefühlt, die Erziehungsratschläge aus den klassischen Büchern auch nur zu
erwägen – nun hatte ich endlich einen Namen für mein Gefühl, dass es auch einen
anderen, einen respekt- und liebevollen Umgang mit Babys und Kindern geben
muss. Und deshalb fiel schon damals, bevor ich überhaupt nur schwanger war,
meine Entscheidung: Wenn ich mal Kinder habe, werde ich eine „Attachment
Parenting Mom“.
Was hast du als „Wichtigstes“ von deinen Eltern bis heute
mit ins Erwachsenenleben mitgenommen?
Meine Eltern sind Reformpädagogen, ich habe den tiefen
Respekt vor Kindern und ihren individuellen Bedürfnissen und Begabungen also
sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen. Diese Grundhaltung hat mich stark
geprägt und beeinflusst mich noch heute sowohl als Mutter als auch als Autorin.
Besonders dankbar bin ich meinen Eltern außerdem dafür, dass sie mir stets das
Gefühl vermittelt haben, dass ich alles sein und alles schaffen kann – ich muss
es nur wirklich wollen und bereit sein, mich dafür wirklich ins Zeug zu legen.
Deshalb habe ich meinen großen Traum, einmal vom Schreiben zu leben, auch nicht
wie viele andere angehende Jung-Autorinnen nach den ersten Misserfolgen
begraben, sondern fest daran geglaubt, dass das schon noch was wird mit mir und
dem Schreiben, wenn ich mein Ziel nicht aus den Augen verliere und hart dafür
arbeite.
Zum Abschluss noch eine praktische Frage: Was ist deine schlagfertigste Antwort
auf „Das muss er/ sie jetzt lernen.“?
„Mit zwei musss man gar nichts!“
Beliebiges Alter einsetzen und im Brustton der Überzeugung vorbringen.
Wirkt fast immer.
Ich danke dir für deine Zeit und die interessanten Antworten
und wünsche dir wunderschöne, besinnliche Weihnachten mit deiner Familie J
Alle Liebe, Anne von Herzenbande.
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