Fotografie: Kevin Culala/ pexels |
Ich bin ein sehr soziales Wesen. Andere treffen sich zum
Sport, zum Spieleabend, gehen mit Freunden ins Kino oder zum Fußballspiel - ich
brauche vor allem Austausch. Keine Frage: Ihr findet mich auch in Kino und Co,
aber was ich wirklich brauche sind Gespräche, die tiefer gehen als netter Small
Talk, Gespräche über Weltgeschehen, über ethische Fragen, über neue Impulse,
über das eigene Leben und das meiner Liebsten. Sowohl privat als auch beruflich
sind tiefgehende Gespräche und wirklicher Meinungsaustausch mein Lebenselixier.
Daher habe ich wenige, dafür aber enge Freunde, die mich gut verstehen und
deren Lebensgeschichte ich kenne. Im Prinzip sind meine engsten Freunde wie
meine Familie. So weit, so gut. Wo liegt jetzt das Problem?
Ohne Kinder haben wir uns einfach zum Mädelsabend verabredet
oder sind in der Runde abends was essen gegangen. Andere
Freizeitbeschäftigungen haben wir gerne mitgemacht und viel erlebt in all den
Jahren, doch in stressigen Zeiten war das gemeinsame Reden und am Leben des
anderen teilhaben am wichtigsten.
Als ich frisch gebackene Mama war, haben sich zunächst nur ein
paar Sachen verändert. So sind wir eben mit Baby im Tragetuch spazieren gegangen,
haben uns bei mir auf die Couch gesetzt oder Freunde eingeladen statt
auszugehen. Doch auch das war nicht immer einfach: es war laut, das Herzmädchen
weinte oder ich war irgendwie die ganze Zeit am Stillen und müde und wenig
aufnahmefähig für das Leben der anderen. Ja, das war am ungewohntesten für
mich: ich bekam nur noch zu Teilen mit, was bei den anderen gerade anstand, ich
vergaß es auch teilweise oder war einfach nicht im Raum während des Gesprächs,
weil ich beispielsweise beim Wickeln war.
Auf der anderen Seite habe ich im ersten Jahr in Gruppen auch einige neue Kontakte geknüpft – mit anderen Neu-Mamas. Die
gemeinsamen Themen wie Babyzeit, Kinder, Muttersein schweißten automatisch
zusammen und es tat gut sich darüber auszutauschen. So wurde meine Welt erst mal
größer und bunter, voller an lieben Menschen. Am Tage die Mamas, nachmittags
oder abends die „alten“ Freunde (arbeitend, meist ohne Kinder).
Ich merkte: hier verändert sich etwas! Und habe versucht,
das Beste daraus zu machen. Je nach Alter des Herzmädchens habe ich meine Treffen
unterschiedlich gestaltet. Im Babyalter ging schwatzen auf der Krabbeldecke ziemlich
gut, später auf dem Spielplatz wurde es schon schwieriger. Nicht jeder findet es erstrebenswert neben mir herzulaufen während ich schaukele,
tröste, beim Rutschen helfe oder Sandförmchen umkippe. Mit anderen Mamas geht das meist besser, aber meine Freundinnen haben da oft keine Zeit und
abends kann ich durch die Einschlafbegleitung meist frühestens um 21 Uhr
irgendwo sein oder Besuch empfangen. Zudem endet das meist darin, dass die
anderen aufgrund ihres Jobs nach 1 oder 1,5 Stunden wieder losmüssen. Da ist man doch eigentlich gerade erst so richtig warm gelaufen und auf der anderen
Seite bin ich eigentlich auch schon wieder reif fürs Bett.
Bei mir kam es dann so,
dass meine engsten Freundinnen zudem noch wegzogen oder gar auswanderten. Nun führe
ich drei Telefonfreundschaften, wie ich es gern nenne. Es tut gut zu wissen,
dass ich alle jederzeit anrufen kann und das wir auch immer Zeit zum Schwatzen
finden oder eben auch nach wochenlanger Pause anknüpfen können. Trotzdem
vermisse ich es jemanden neben mir sitzen zu haben und tiefgehende stundenlange
Gespräche zu führen.
Seit ich Mama bin, finde ich es auch schwieriger neue
Freunde zu finden. Jetzt werden einige denken: Nein, es ist viel leichter. Ja,
es ist leichter Kontakte zu knüpfen und auch über die Kinder ins Gespräch zu
kommen. Aber ich finde es zum einen schwerer, weil dann nach dem Thema Kind oft
nicht mehr viel gemeinsames kommt und es als Mama mit beziehungsorientiertem Weg schon bei diesem Thema schnell schwierig wird. Und wenn ich dann mal
jemanden treffe, der echt „passen“ würde (klingt jetzt ein bisschen wie bei Partnervermittlungen,
aber ich denke, ihr wisst, wie ich das meine), dann geht das Kennenlernen gefühlt
um 2/3 langsamer als früher. Denn zwischendurch sind beide Mamas dabei auf ihre
Kinder zu achten, mit ihnen zu reden, zu spielen, essen zu besorgen, zu
trösten, zu vermitteln … und schwubs ist es 2-3 Stunden später und Zeit sich zu
verabschieden. An dem Punkt habe ich dann gefühlt immer noch 10 Themen, die ich
gern mit der anderen Mama bereden oder sie fragen oder gern erfahren würde.
Das macht mich etwas traurig. Ich vermisse diese Tiefe der Beziehung
und die Tiefe des Austauschs im Alltag. Ich liebe es Mama zu sein, mein Herzmädchen, die Zeit mit ihr und ich würde nichts anders machen wollen. Aber das
Elternsein verlangt doch ein paar Abstriche und für mich ist das der schwerste.
Nicht das fehlende Ausschlafen, der doch oft fremdbestimmte Tagesablauf, das
mehr an Hausarbeit oder die anstrengenden nervenaufreibenden Momente –
letztlich mache ich all das gern und mit Liebe, auch wenn es natürlich mal
mürrische Tage gibt.
Der Austausch, das Kennenlernen und die Freundschaft mit
anderen beziehungsorientierten Müttern finde ich sehr bereichernd, da fühle ich
mich inspiriert und wertgeschätzt. Aber aus genau dieser Beziehungsorientierung
heraus, also das wir alle auf die Bedürfnisse unserer Kinder achten, entsteht
leider eine gewisse Zeitnot für Gespräche. Ich hoffe auf viele Momente wenn
unsere Kinder groß sind ;-)
Jetzt werden vielleicht einige denken: der Papa kann doch auch mal das
Kind nehmen! Ja natürlich und das macht mein Mann auch gern. Dennoch arbeitet
er auch und unterstützt mich während meiner Fortbildungen und beim
Selbstständig-werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass auch er freie Zeiten
braucht und für mich in erster Linie, dass mein Herzmädchen dann Zeit mit Mama braucht und die gebe ich ihr von Herzen gern.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber es gibt etwas, was
für mich eine große Hilfe und Bereicherung im beziehungsorientierten Alltag darstellt:
mein Smartphone. Das klingt selbst für mich gerade echt verrückt, dass ich das
sage, aber es ist so. Mittels Instant-Messenger und soziale Netzwerken kann ich, auch wenn ich nicht immer präsent bin, ein wenig am Leben der anderen teilhaben.
Der Alltag mit Kindern birgt so viele Herausforderungen und Momente in denen
ich mich nach Unterstützung sehne. Ein kurzer Chat mit einer befreundeten Mama,
die möglicherweise einfach nur mitteilt, dass sie das kennt, hilft mir dann schnell,
mich wieder verbunden, nicht allein und
unfähig zu fühlen. Natürlich ist mir die Gefahr des Handys bewusst. Es ist
alles andere als hilfreich fürs Familienleben wenn Mama nur am Telefon hängt oder nur noch in der virtuellen Welt lebt – so meine ich das ja nicht.
Es ist für mich einfach eine große soziale Erleichterung, um
meinem Bedürfnis nach Austausch gerecht zu werden. Ich kann für mein Kind da
sein und trotzdem am Leben in meinem Freundeskreis teilnehmen, mich mit anderen
Eltern austauschen oder meiner besten Freundin ein Foto vom heutigen Tag
schicken und sie mir eine kurze Sprachnachricht zurück, wenn wir beide voll
eingespannt sind. Damit erreiche ich natürlich nicht, die Tiefe. die ich mir gerne
wünschen würde, aber ich fühle mich zumindest nicht so abgeschnitten von der „Welt
da draußen“ und ich kann in einigen Situationen als Mama viel geduldiger sein.
Beim Einschlafstillen kann ich entspannt liegen und was lesen oder auf dem
Heimweg, wenn das Herzmädchen mitten auf dem Heimweg oder im Treppenhaus ein
Spiel beginnt, meiner Ungeduld widerstehen. Ich habe die Möglichkeit kurz zu arbeiten,
etwas abzusprechen, nachzulesen, zu organisieren oder eben mit Freunden in
Kontakt zu bleiben.
Wie geht es euch als Eltern mit euren Freundschaften? Hat
sich etwas verändert oder vermisst ihr etwas ganz anderes seitdem eure Kleinen
euer Leben bereichern? Ich freue mich auf eure Antworten!
Eure Anne
PS: Wenn euch mein Artikel gefallen hat, freue ich mich über Liken und Teilen :)
Du schreibst von mir... Genauso. Wenn ich mich mal mit jemandem verabredet habe (was schon selten genug ist), denke ich hinterher oft ernüchtert, was ich noch alles erzählen und besprechen wollte. Ich liebe Chatprogramme auf dem Smartphone, damit geht wenigstens das Minimum. Ohne Smartphone wäre ich vermutlich nahezu lebensunfähig, da ist grad alles gesammelt. Selbst die aktuellen Kleidergrößen. Und natürlich synchronisierbar mit dem Mann.
AntwortenLöschenViele Grüße, Anne.
Liebe Anne,
Löschenna das passt ja, wir haben ja auch den gleichen Vornamen ;) Es freut mich, dass du hier mitliest und das Thema anscheinend auch für dich wichtig ist.
Liebe Grüße, Anne von Herzensbande
Ich fühle genauso, was noch oben drauf kommt, dass ich gefühlt schon fast nicht mehr von meinen Freunden ((ie ohne Kids) gefragt werde ob ich mitkommen würde....also ich meine da banale Dinge wie Essen gehen oder auch große Sachen wie Urlaub. Es liegt wohl daran das ich die Frage meistens mit einem "Nein" oder "muss erst schauen" von meiner Seite aus beantwortet werden kann
AntwortenLöschenHallo,
Löschendas ist echt schade. Ein paar Mal habe ich die Tendenz auch schon bemerkt, aber es hält sich noch in Grenzen, so dass es mir erst jetzt auffällt als ich deinen Text gelesen habe. Ich glaube, ich würde dann versuchen immer wieder zu kommunizieren: "Schön, dass ihr fragt und auch wenn ich oft Nein sagen muss, bitte fragt immer weiter. Eine kurze Nachricht reicht, ich freue mich und es erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns sehen." Ich wünsche dir, dass ihr euch trotz langen Pausen nicht aus den Augen verliert.
Liebe Grüße, Anne von Herzensbande