Fotografie: pexels |
Warum ist Gewalt und übergriffiges Verhalten in unserer Gesellschaft
so akzeptiert? Wieso ist es für Ärzte, Hebammen und anderes medizinisches
Personal teilweise selbstverständlich über Schwangere, also werdende Mütter, zu
bestimmen, zu urteilen und nicht in ins Gespräch zu gehen? Müssten Mütter nicht
am besten im Gefühl haben, was für sie und das Kind gut ist? Darf die
Wissenshoheit der Ärzte dazu führen, dass Mütter sich nicht trauen „Nein“
zusagen oder gar nicht gefragt werden?
All diese Fragen gingen mir in der letzten Woche durch den Kopf als ich über Nora Imlaus Blogparade "Each Woman is a Rose - Warum unsere Geburten so wichtig sind" anlässlich des Roses Revolution Day am 25. November (ein internationaler Gedenktag gegen Gewalt in der Geburtshilfe an dem Frauen zur Erinnerung rosa Rosen vor Kreißsälen etc. ablegen, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen) nachgedacht habe.
Die Geburt meines Herzmädchens ist nun schon über 2 Jahre und 4 Monate her und ich denke noch sehr oft an diesen beispiellosen, wunderbaren und herausfordernden Tag. Ich hatte eine schnelle durch einen Wehenbelastungstest ausgelöste Geburt, nach welcher ich innerhalb von 4,5 h mein kleines Wunder in den Armen halten durfte. Ich war so überwältigt, glücklich und auch etwas unsicher was meine Aufgabe in diesen ersten Momenten als Mutter ist – also hielt ich sie nur und sagte „Hallo“. Dieser Moment, der schnelle Verlauf der Geburt und das sehr liebevolles Personal überstrahlten an dem Tag alles.
All diese Fragen gingen mir in der letzten Woche durch den Kopf als ich über Nora Imlaus Blogparade "Each Woman is a Rose - Warum unsere Geburten so wichtig sind" anlässlich des Roses Revolution Day am 25. November (ein internationaler Gedenktag gegen Gewalt in der Geburtshilfe an dem Frauen zur Erinnerung rosa Rosen vor Kreißsälen etc. ablegen, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen) nachgedacht habe.
Die Geburt meines Herzmädchens ist nun schon über 2 Jahre und 4 Monate her und ich denke noch sehr oft an diesen beispiellosen, wunderbaren und herausfordernden Tag. Ich hatte eine schnelle durch einen Wehenbelastungstest ausgelöste Geburt, nach welcher ich innerhalb von 4,5 h mein kleines Wunder in den Armen halten durfte. Ich war so überwältigt, glücklich und auch etwas unsicher was meine Aufgabe in diesen ersten Momenten als Mutter ist – also hielt ich sie nur und sagte „Hallo“. Dieser Moment, der schnelle Verlauf der Geburt und das sehr liebevolles Personal überstrahlten an dem Tag alles.
Dennoch sind auch meine Erfahrungen nicht gewaltfrei.
Vor dem Herzmädchen war ich bereits schon einmal schwanger
gewesen. Eine Woche vor der Fehlgeburt begannen bei mir leichte Blutungen, von
welchen ich mich nicht nervös machen zu lassen versuchte. Es war die längste
und schlimmste Woche meines Lebens. Jeden Tag wurde es schlimmer und ich konnte
nichts tun und nur abwarten. Zudem hatten wir noch niemanden etwas gesagt, weil
man das „ja erst nach der 12. Woche macht“. Das war ein großer Fehler, denn
dadurch war ich viel mit meiner Sorge allein. Alle 2 Tage hatte ich bei meiner
Frauenärztin oder im Krankenhaus eine Kontrolluntersuchung, welche mir
Sicherheit gaben. Mein Mann war immer dabei und unterstützte mich. Alle waren
sehr freundlich und halfen uns, fanden nette Worte und immer wieder machte sich
große Erleichterung breit, wenn wir das kleine Herzchen schlagen sahen.
Am letzten Abend war
es aber so schlimm, dass ich im Krankenhaus bleiben musste. Ich sollte einen
Tag ruhen und dann zur Untersuchung - in der Hoffnung, dass sich alles wieder
beruhigt hatte. Auch dieser Tag, dieser Termin kam endlich – inzwischen hatten
wir zum Glück Freunde und Familie eingeweiht. Da ich im Krankenhaus war, war
ich allein bei diesem Termin. Das war der schlimmste von allen.
Nicht nur weil mir da gesagt wurde, dass mein Mini-Kind
nicht mehr lebt, sondern weil die Ärztin mir diese Nachricht in einem Satz mit den
Fragen „Hatten Sie denn einen großen Kinderwunsch? Haben Sie es denn schon
lange probiert?“ übermittelte.
Ich war völlig perplex, fassungslos, fühlte mich
herabgewürdigt, nicht ernst genommen, ich wusste nicht was ich sagen sollte. Bei mir
kam an, dass es ja nicht so schlimm sein konnte mein Baby zu verlieren, weil
ich rasch schwanger geworden sei und mein Kinderwunsch anscheinend auch nicht
groß genug gewesen sei, um meinen Verlust anzuerkennen. Das saß tief und ich zittere gleich wieder während ich das hier
schreibe nach fast 3,5 Jahren! Danach konnte ich ihr kaum etwas entgegensetzen
und ließ sie die nächsten Schritte vorbereiten. Dass auch das Gewalt in der
Geburtshilfe war, wurde mir erst so richtig klar als ich jetzt über diesen Gedenktag
und das Thema Gewalt in der Geburtshilfe nachdachte.
Es geht eben genauso um psychische Gewalt, um Worte die
verletzen und auch um scheinbare Machtgefälle zwischen Arzt und Patient.
Nicht nur körperliche Übergriffe können uns Frauen in der
Geburtshilfe verletzen! Diese verletzenden
Worte der Ärztin, ihr Umgang mit mir und ihr fehlendes Mitgefühl sitzen bis heute
tief und ich habe es ehrlich gesagt nur selten geschafft mit jemanden darüber
zu reden. Aus diesem Grund bin ich selbst gerade überrascht, dass ich hier so
offen darüber schreiben kann. Ich habe die Hoffnung, dass all diese Texte und
dieser Tag etwas bewegen und zu mehr Sensibilität in so einem intimen Bereich
führen.
Das Herzmädchen habe ich übrigens im gleichen Krankenhaus
nur auf der anderen Seite des Flurs bekommen. Es ist aus meiner Sicht hier in
Dresden das bedürfnis- und stillorientierteste Krankenhaus. Trotzdem habe ich
die ganze Schwangerschaft inständig gehofft, dass ich diese Ärztin, übrigens
Oberärztin, zu meiner Geburt nicht wiedersehen muss. Und da darf ich Gott echt
danken, das war sie nicht! Trotzdem bin ich ihrer Übergriffigkeit leider nicht
ganz entkommen.
Ich hatte am errechneten Geburtstermin ein Kontroll-CTG im
Krankenhaus, welches schlechte Werte hatte. Ich wusste, dass diese Werte nur so schlecht
waren, weil meine Mutter plötzlich im Untersuchungszimmer auftauchte und einen
Streit mit mir vom Zaun brach. Daraufhin wies mich die Ärztin in der
anschließenden Auswertung gleich ins Krankenhaus ein und ich musste
stundenlange CTGs (welche in Ordnung waren) ertragen und wurde am nächsten Tag
dem Wehenbelastungstest, der den Blasensprung und somit die Geburt auslöste,
unterzogen.
Obwohl ich mehrfach versuchte das Prozedere zu hinterfragen
und hoffte, dass wir doch noch warten können bis das Herzmädchen von selbst
hinaus wollte, wurde mir immer nur erklärt, dass das aus dem und dem
medizinischen Grund nicht ginge. Ich bin schon ein selbstbewusster Mensch und
ich kann Sachen auch gegenüber Ärzten ansprechen und hinterfragen. Aber ich bin
kein Arzt und an diesem Punkt fällt es mir schwer meinen Standpunkt zu
vertreten. Ich hatte an diesen Tagen oft das Gefühl, dass es den Ärzten vorwiegend um die Vermeidung möglicher Risiken (aber ich war ja schon im Krankenhaus...) und ihre Absicherung ging und mir Informationen fehlten. Das
konnte ich natürlich nicht „nachweisen“ oder wissen, aber ich fühlte mich alternativlos in meiner „Wahl“ der Empfehlung der Ärzte zu folgen oder ein mir
unbekanntes Risiko einzugehen.
An dieser Stelle würde ich mir von Ärzten in der Geburtshilfe
(aber auch insgesamt) mehr Offenheit, mehr Bereitschaft zu Erklärung und somit
eine Routine der umfassenden Erklärungen in alltäglicher Sprache wünschen. Denn
erst dann habe ich als Mutter eines ungeborenen Kindes, die Möglichkeit mein
gesundes (Körper-)Empfinden, meine Einschätzung und Sorge mit den medizinischen
Fakten abzuwägen und aus der Rolle der scheinbar unmündigen Patientin
herauszutreten.
Welche Erfahrungen habt ihr in der Geburtshilfe gemacht? Habt ihr bestimmtes Verhalten als Gewalt empfunden?
Auf unserem Blog können gern Gastartikel veröffentlicht werden - ihr seid herzlich eingeladen!
Eure Anne
PS: Wenn euch mein Artikel gefallen hat, dann freue ich mich über Teilen und Liken :)
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